Shigeru Miyamoto: Das Genie hinter Super Mario Bros., The Legend of Zelda, Donkey Kong und Co. (2024)

Etwa 40 Kilometer nordwestlich von Kyoto kommt Shigeru Miyamoto am 16. November 1952 auf die Welt. Seine Eltern sind bescheidene Leute; sie besitzen ein kleines Häuschen, ganz in der Nähe von Bächen und Wäldern. Sonderlich viele Spielsachen oder gar einen Fernseher besitzt Miyamoto während seiner Kindheit nicht. Doch das stört den Jungen kaum, denn er ist sehr erfinderisch. Stöcke und Bindfaden beflügeln seine Fantasie, und das Erkunden der Umgebung zählt zu seinen liebsten Hobbys. Darüber hinaus zeichnet Miyamoto gerne Mangas, interessiert sich für Gitarre und Banjo und formt Spielsachen. Kurz gesagt: Er ist ein echter Kreativkopf.

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  1. 1Miyamotos Anfänge bei Nintendo
  2. 2Mario und Link erobern die Welt
  3. 3Famose Fortsetzungen
  4. 4Sprung in die Polygon-Dimension
  5. 5Erst Würfel, dann Fernbedienung
  6. 6Der Ruhestand kann warten

Miyamotos Anfänge bei Nintendo

Nachdem der aufgeschlossene Jungspund seine Schullaufbahn beendet hat, wechselt er zunächst zum Kanazawa Municipal College of Industrial Arts und arbeitet hart, um sich 1976 einen Abschluss als Industriedesigner zu sichern. Ein passender Job lässt allerdings auf sich warten, weshalb sein Vater mit Vitamin B nachhilft: Miyamoto Senior nämlich kennt zufällig jemanden, der gute Kontakt zu Hiroshi Yamauchi pflegt, dem damaligen Präsidenten von Nintendo Japan. Der Bekannte fädelt für den jungen Miyamoto ein Vorstellungsgespräch ein.

Der nimmt das Angebot dankend an, packt einige selbst entworfene Spielzeuge ein und wird bei Nintendo vorstellig. Ganz zur Freude von Yamauchi: Dem damals 28-jährigen Geschäftsmann gefallen Miyamotos kindgerecht gestaltete Kleiderbügel im Krähen- und Elefantendesign. So gut, dass Miyamoto wenig später als Künstler angestellt wird und die Aufgabe erhält, Artworks für den Arcade-Automaten Sheriff (1979) beizusteuern. Yamauchi ist auch hier mit Miyamotos Arbeit sehr zufrieden und zögert nicht lange, ihm die Verantwortung für das Artdesign eines neuen Arcade-Automaten namens Radar Scope zu übertragen.
Quelle: NintendoMiyamoto liebt Shetland Sheepdogs und züchtet in seiner Freizeit sogar selbst Hunde. Diese Liebe zum besten Freund des Menschen war letztendlich auch der Grund, warum er Nintendogs (2005) auf den Weg brachte.

Japanische Spieler lieben den 1980 veröffentlichten Pac-Man-Klon. Ganz anders hingegen die Gamer in den USA; hier will der Funke bei vielen einfach nicht überspringen. Gerade einmal 1000 von 3000 Automaten finden einen Abnehmer, und Nintendo kommt finanziell richtig ins Schwitzen. Was dann folgt, dürfte zumindest Arcade-Enthusiasten hinlänglich bekannt sein. Mangels gerade verfügbaren Stammpersonals erhält Quereinsteiger Miyamoto den Auftrag, ein neues Spiel zu entwerfen, das Radar Scope komplett ersetzen soll.

Der damals 29-Jährige willigt ein, lässt seiner Fantasie freien Laufen und konzipiert ein Geschicklichkeitsspiel mit einer kleinen, verrückten Geschichte. Die Grundidee: Held Jumpman (später in Mario umbenannt) gängelt seinen Haustier-Gorilla (später Donkey Kong genannt). Der Affe ist davon gar nicht begeistert und entführt Jumpmans Freundin Pauline. Die Aufgabe des Spielers besteht nun darin, ein Baugerüst zu erklimmen, um Pauline aus den Fängen des Primaten zu retten. Oder analytischer ausgedrückt: Miyamoto wirft das damals stark verankerte Konzept der Highscore-Jagd über den Haufen und ersetzt es mit einer narrativ motivierten Rettungsmission.
Quelle: Moby GamesSuper Mario Bros. war Mitte der 80er so beliebt, dass man in den USA Frühstücks-Maisflocken kaufen konnte, die unter anderem aussahen wie Gegner aus dem Spiel. Die fleischfressende Pflanze war allerdings nicht dabei.
Nintendos Chefetage ist zunächst verunsichert. Kann ein solcher Ansatz überhaupt funktionieren? Um genau das herauszufinden, stellt das Unternehmen zu Versuchszwecken zwei Automaten in Gaststätten in der Nachbarschaft auf. Zahlungswillige Kunden lassen nicht lange auf sich warten und spülen knapp 300 Dollar in die Kasse - pro Woche, versteht sich. Yamauchi jubelt vor Freunde, setzt über 60.000 Geräte im ganzen Land ab und investiert die so erwirtschafteten 180 Millionen Dollar in ein neues Firmenhauptquartier.

Mario und Link erobern die Welt

Zeitsprung ins Jahr 1985. Nintendos Heimkonsole Famicom ist dank von Miyamoto designten Spielen wie Donkey Kong, Donkey Kong Jr. und Popeye in Japan bereits die Nummer eins. Mehr als 2,5 Millionen Einheiten sprechen eine deutliche Sprache und rücken erstmals den nordamerikanischen Markt in den Fokus. Nintendo gestaltet die Famicom-Konsole optisch um und tauft sie Nintendo Entertainment System (NES). Zeitgleich arbeiten Miyamoto und seine Kollegen unter Hochdruck an zwei neuen Spielerfahrungen, die die Rechenleistung der 8-Bit-Hardware demonstrieren sollen.

Wusstet ihr schon, dass Shigeru Miyamoto ...

sich bei der Namensgebung von The Legend of Zelda vom klangvollen Namen von Zelda Fitzgerald inspirieren ließ? Zelda war die Frau des bekannten US-Buchautors Francis Scott Fitzgerald („Der große Gatsby“).
gerne die Größe von Objekten schätzt und dann mit einem Maßband – das er oft bei sich trägt – nachmisst? Auch Wii Fit hat ein Minispiel, in dem es genau darum geht.
eher ungern im Rampenlicht steht und es daher auch konsequent vermeidet, im japanischen Fernsehen aufzutreten?
früher oft mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr? Da sich das Unternehmen jedoch um seine Sicherheit sorgte, wird er nun für gewöhnlich von einem Fahrzeug abgeholt.
die Namen der sieben Koopa-Kids aus der japanischen Version von Super Mario Bros. 3 auf den Namen von sieben Programmierer aus Miyamotos Team basieren? Er wählte diese Strategie, um seine Mitarbeiter zu würdigen. In der US-Version wurden die Koopa-Kids jedoch wie bekannte Musiker benannt. Ludwig von Koopa etwa ist ein Seitenhieb auf den deutschen Komponisten und Pianisten Ludwig van Beethoven.
englische Puppendramen, allen voran die Marionetten-Science-Fiction-Serie Thunderbirds, liebt? Für das Cover von Star Fox erschuf er daher vier Puppen der Hauptcharaktere – einen Fuchs, einen Vogel, einen Hasen und eine Kröte – fotografierte sie und arrangierte sie zusammen mit Raumschiffen.

Miyamoto ist der Hauptverantwortliche für ein Jump'n'Run mit dem Projektnamen Mario Adventure. Im Gegensatz zu Marios ersten Abenteuern setzt er - wie schon bei den 1984 veröffentlichten Titeln Excitebike und Devil World - auf ein seitwärts scrollendes Geschehen. Der Spieler manövriert den Helden von links nach rechts und lotst ihn vorbei an allerlei Hindernissen und Gegnern. Bizarr, aber spielerisch interessant: Wenn Mario Pilze futtert, verdoppelt sich seine Größe und er wird zu Super Mario.

Das finale Modul umfasst acht Welten, die auf gerade mal 40 Kilobyte Speicherplatz abgelegt werden. Abwechslung und Nervenkitzel sind trotzdem immens und machen Super Mario Bros. über Nacht zum Must-have-Modul. Weiterer Grund für den famosen US-Launch des Spiels am 18. Oktober 1985: Super Mario Bros. liegt zum Start jedem NES kostenlos bei. Ein echter System-Seller also, der mit knapp 40,24 Millionen verkauften Exemplaren jahrzehntelang die Liste der meistverkauften Videospiele anführt - Tetris für den Game Boy nicht mitgerechnet.

Aber auch das 1987 im Westen veröffentlichte The Legend of Zelda - Miyamotos zweites großes NES-Projekt - bricht blitzschnell Verkaufsrekorde. Ein Grund hierfür ist, dass das Gameplay des 8-Bit-Rollenspiels aus Top-Down-Perspektive größtenteils nichtlinear abläuft. Statt - wie bei so vielen Konsolenspielen jener Zeit üblich - einem fest vorgegebenen Pfad zu folgen, bricht Miyamoto mit dieser Konvention und lässt dem Spieler freie Hand. In der Rolle von Protagonist Link muss man selbst herausfinden, was als Nächstes zu tun ist und wie es gelingen kann, Prinzessin Zelda zu retten. Wieder geht es nicht um Highscores, sondern um das Erleben einer Story - immer mit dem Ziel vor Augen, irgendwann das Ende zu erreichen.

"Hyrule ist wie ein Miniaturgarten, den Spieler in ihre Schublabe packen können", sagte Miyamoto einmal in einem Interview mit der US-Website GameSpot. Der Vergleich mit einem Garten passt dabei ziemlich gut, denn schon als Kind zog es Miyamoto hinaus in die Natur. Er liebte es, die Wiesen, Wälder und Bäche in der Nähe seines Elternhauses zu erkunden. Eines Tages stieß er dabei sogar auf eine unscheinbare Höhle. Er begab sich hinein und erforschte immer neue Bereiche - ohne Karte, ohne Begleitung, ganz auf sich allein gestellt. Schenkt man dem Buch "Game Over: How Nintendo Zapped an American Industry, Captured Your Dollars, and Enslaved Your Children aus der Feder des US-Journalisten David Sheff Glauben, hat Miyamoto früher sogar heimlich die Keller und Gärten seiner Nachbarn erkundet.

Eben diese Nervenkitzel und etwaige Naturerfahrungen sind es, die den Japaner beim Entwerfen von The Legend of Zelda maßgeblich beeinflussen und die er in Videospielform greifbar machen will. Mit Erfolg: Als erstes NES-Spiel überhaupt knackt Zelda die Marke von einer Million verkauften Exemplaren.

Famose Fortsetzungen

Quelle: Moby GamesDas offene 3D-Leveldesign sowie die freie Wahl der Kameraperspektive – sofern gewünscht – zählen zu den größten Gameplay-Innovationen von Super Mario 64 aus dem Jahr 1996.

Beflügelt von der Beliebtheit seiner Topmarken, dauert es nicht lange, bis Miyamoto diverse Sequels in Angriff nimmt. Den Anfang macht Super Mario Bros. 2, das 1986 vorerst nur in Japan erscheint. Der Grund: Das von Miyamoto mitentworfene Jump'n'Run war vorrangig für all jene konzipiert, die das Original durchgespielt hatten. Vergifte Pilze, plötzliche Windstöße beim Springen, fiese Warp-Verbindungen und andere Hindernisse führen dazu, dass der Schwierigkeitsgrad extrem hoch ausfällt und Nintendo zur Sicherheit auf der Verpackung sogar den Schriftzug "For Super Players" ergänzt. Während genau das viele japanische Spieler kaum stört und diese 2,5 Millionen Mal zugreifen, bekommt der Titel von Nintendos US-Hauptquartier kein grünes Licht.

Miyamoto und sein Team lassen sich davon aber nicht entmutigen, im Gegenteil. Sie ersinnen einen kühnen Plan: Damit Mario-Fans im Westen nicht leer ausgehen, verpasst man dem von Nintendo für Fuji Television entwickelten Plattformer Yume Kōjō: Dokidoki Panic eine optische Frischzellenkur, tauscht die ursprünglichen Charaktere gegen Mario-Figuren und nennt das Ergebnis ebenfalls Super Mario Bros. 2. Ein Geniestreich, der vom westlichen Markt hervorragend angenommen wird und das Spiel später sogar auf Platz vier der meistverkauften NES-Titel katapultiert.

Im Jahr 1998 erscheint im Westen außerdem Zelda 2: The Adventure of Link - ein weiterer Kassenschlager, der sich über 4,38 Millionen Mal verkauft. Ausschlaggebend für den Erfolg ist Miyamotos klare Designanweisung, spielerisch nicht den ausgetretenen Pfaden des Erstlings zu folgen, sondern Neues zu versuchen. Also implementieren die Macher unter anderem eine Zauber-Anzeige, ein Erfahrungspunktesystem, Extraleben, mehr Dialoge mit NPCs, Plattforming-Passagen und den Doppelgänger Dark Link.
Quelle: Moby GamesMiyamotos Geniestreich: Mit einer Durchschnittswertung von 99 von 100 Punkten führt The Legend of Zelda: Ocarina of Time von 1998 die Liste der weltweit am höchsten bewerteten Spiele unangefochten an.

Doch nicht nur bei Zelda 2 setzen Miyamoto und sein Team auf Innovationen. Auch Super Mario Bros. 3, das in den USA am 2. Februar 1990 erscheint, lebt von seinen zahlreichen Neuerungen. Allen voran einer sehr lebendig gestalteten Oberwelt-Karte. Hier lotst der Spieler Mario oder Luigi von einer Stage zur nächsten und hat zwischendurch immer wieder die Möglichkeit, alternative Routen zu wählen. Ein Designelement, das fortan Einzug in Dutzenden anderen Mario-Ablegern und konkurrierenden Hüpfspielen hält. Auch können die Protagonisten nun Abhänge hinabrutschen und durch das Anlegen von Kostümen von neuen Fähigkeiten profitieren. Witzig: Ursprünglich sollten diese Outfits Mario und seinen Bruder in einen Zentauren und verschiedene andere mythologische Figuren verwandeln. Der Mythologie-Ansatz wurde dann jedoch verworfen und gegen Tierwesen-Kostüme getauscht. Als Waschbär verkleidet kann der Held sodann fliegen, im Froschkostüm unter Wasser schwimmen, und so weiter.

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Zelda: Breath of the Wild - Making-of-Videoreihe

Zudem führen die Entwickler haufenweise neue Gegnertypen ein, etwa den Kettenhund. Die Inspiration hierfür? Geht's nach Miyamoto, dann wurde er als Kind auf dem Schulweg einmal von einem Hund attackiert. Glücklicherweise war das Tier angekettet - Miyamoto kam mit einem Schrecken davon. Ein Schrecken, aus dem er Jahre später geschickt einen Nutzen zog.
Quelle: Moby GamesMiyamotos Pac-Man-Verschnitt Devil World (1984) für das NES kam lediglich in Japan und Europa auf den Markt. Ein US-Release scheiterte, da auf dem Cover religiöse Symbole gezeigt wurden – wodurch es gegen Richtlinien von Nintendo of America verstieß.Die wilden 90er
Noch bevor das Super Famicon im November 1990 in Japan erscheint, finden bei Nintendo in Kyoto zahlreiche Umwälzungen statt. Der Konzern legt verschiedene Entwicklungsabteilungen zusammen und formt so die intern nochmals zweigeteilte Abteilung "Nintendo Entertainment Analysis & Development" (Nintendo EAD). Miyamoto wird zur Schlüsselfigur, denn er leitet die Software-Entwicklungsabteilung und treibt kommende Launch-Titel für das Super Nintendo mit viel Elan voran.

Da wäre zum einen Super Mario World. Das Spiel soll etwas komplett Neues werden und die Power der kraftvollen 16-Bit-Hardware demonstrieren. Genau deswegen schlägt Miyamoto vor, eine Idee zu realisieren, die ihm schon länger durch den Kopf ging, mit der 8-Bit-Platine des NES aber technisch schlichtweg nicht umzusetzen ist. Mario soll einen Saurier als Sidekick bekommen. Viele Entwürfe machen die Runde, bis Figurendesigner Shigefumi Hino seinen Kollegen schließlich voller Stolz Yoshi präsentiert.

Alle bei Nintendo EAD lieben Marios knuffigen Begleiter, und auch die Fans schließen ihn zur Premiere des SNES am 21. November 1990 in Japan sofort ins Herz. Ergänzt man nun noch die famose Pixeloptik, die im Vergleich zur 8-Bit-Ära viel bessere Musik, Marios neue Heldenfähigkeiten und die Tatsache, dass das Spiel zum SNES-Launch im Westen jeder Konsole beiliegt, wird schnell klar, warum Super Mario World zum bestverkauften Titel der Plattform avanciert.
Quelle: Moby GamesAuch das Gamedesign des 1984 veröffentlichten Excitebike stammt von Miyamoto. Am 7. Juni 2011 erschien im Nintendo eShop ein Remake für das Nintendo 3DS, das die Grafik in stereoskopischem 3D darstellt. Kostenpunkt: 5,99 Euro.Das Super Nintendo liefert sich zu Beginn der 1990er-Jahre einen knallharten Zweikampf mit Segas Mega Drive. Dass Nintendo dabei stets ein Software-Ass im Ärmel hat, liegt wie zu erwarten häufig an Miyamotos genialen Gamedesign-Twists. In Star Fox (alias Starwing in Europa) zum Beispiel ballern sich Spieler in der Rolle von sympathischen, streckenweise auch in der japanischen Folklore vorkommenden Tieren durch ein Science-Fiction-Universum. Der Clou aus technischer Sicht: Nintendo verbaut auf dem Spielmodul den sogenannten Super-FX-Chip, der seinerzeit überaus sehenswerte 3D-Grafik auf den Bildschirm zaubert.

In Super Mario RPG: Legend of the Seven Stars hingegen gelingt es Produzent Miyamoto, das Rollenspiel-Know-how von Entwickler Square mit der Jump'n'Run-Welt von Klempner Mario auf sehr harmonische Weise zu verschmelzen. Allein die Arbeiten an der Grafik aus Iso-Perspektive und den vorgerenderten 3D-Figuren dauern knapp ein Jahr, zahlen sich später aber mehr als aus. Schade: Außerhalb Japans und Nordamerika kommt Super Mario RPG damals nicht auf den Markt. Erst am 22. August 2008 findet es dank Virtual Console für Wii den Weg nach Europa und Australien. Weitere Miyamoto-Meilensteine der SNES-Ära sind die Flugsimulation Pilotwings (1990), das Action-Abenteuer The Legend of Zelda: A Link to the Past (1991) und natürlich Super Mario Kart (1992) - eines der ersten 16-Bit-Rennspiele mit Splitscreen-Modus für rasante Multiplayer-Duelle.

Sprung in die Polygon-Dimension

Während Pokémon - dessen Zwei-Modul-Konzept samt Tauschkomponente von Miyamoto angeregt wurde - ab Februar 1996 Japan im Sturm erobert, sind die Entwicklungsarbeiten an einem von Miyamotos wegweisendsten Titeln fast schon abgeschlossen. Gemeint ist natürlich Super Mario 64 für das Nintendo 64. Schon seit Star Fox hat Miyamoto die Vision, Mario in die dritte Dimension zu hieven.

Anfängliche Konzepte sehen zunächst vor, dass Mario eine isometrisch dargestellte 3D-Welt erkundet. Die Kamera jedoch blickte aus einem fixen Winkel auf das Geschehen und bereitete manchen Entwickler viele Kopfschmerzen. Monatelang wird mit neuen Kameraideen experimentiert, bis man sich eines Tages auf eine dynamische Kamera einigt, die der Spielfigur mit einem gewissen Abstand folgt und stets darauf bedacht ist, optimale Übersicht zu gewährleisten. Alternativ kann sie vom Spieler allerdings auch frei gedreht werden.
Quelle: Moby GamesDer Arcade-Automat Donkey Kong aus dem Jahr 1981 legte den Grundstein für Miyamotos bis heute anhaltenden Erfolg.Da Miyamoto schon im Vorfeld darauf beharrt, dass der Held mit einem Analogstick kontrolliert wird, kommt schließlich ein Stein zum anderen. Leveldesign, Kameraführung und N64-Gamepad werden kontinuierlich aufeinander abgestimmt und bilden so die Grundlage für eine Jump'n'Run-Erfahrung, wie sie die Welt noch nicht erlebt hat. Lohn der Mühe? Ein überaus erfolgreicher N64-Launch, über elf Millionen verkaufte Mario-Module (bis 2003) und eine Gamedesign-Blaupause, die viele andere Entwickler anspornte, Ähnliches zu versuchen.

Parallel zu Super Mario 64 investiert Miyamoto außerdem viel Zeit in sein zweites großes N64-Unterfangen: The Legend of Zelda: Ocarina of Time. Der Titel wird zunächst als Zugpferd für das 64DD - eine im Prototyp-Stadium befindliche Disk-Laufwerk-Erweiterung für das japanische N64 - konzipiert. Weil das allerdings spürbar längere Ladezeiten aufweist als die flotten N64-Module, trifft man die Entscheidung, Links nächstes Abenteuer auf einem deutlich kostspieligeren 32-Megabyte-Modul zu veröffentlichten.

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Ocarina of Time hält ein Team von knapp 120 Entwicklern mehr als drei Jahre lang auf Trab. Dass am Ende trotzdem alle Zahnräder nahezu perfekt ineinandergreifen, liegt unter anderem an Miyamotos Vorgabe, das Team zwischenzeitlich in fünf Gruppen mit jeweils eigenem Direktor aufzuteilen. Sei es nun die Geschichte, die innovative Autosprung-Funktion, die brillante Inszenierung der Welt, der fantastische Soundtrack, der berauschende Detailreichtum oder der konsequente Einsatz von Zwischensequenzen in Spielgrafik - als Ocarina of Time am 21. November 1998 in Japan erscheint, überschlagen sich die Kritiker mit Lobeshymnen und meißeln Miyamotos Kultstatus endgültig in Stein.

Das Sympathische dabei: Der damals 46-Jährige fühlt sich sehr geehrt, bleibt aber wie gehabt mit den Füßen auf dem Boden der Tatsachen und fasst bereits zielstrebig den Nachfolger The Legend of Zelda: Majora's Mask ins Auge. Da die Engine diesmal bereits steht, dauert die Entwicklung hier allerdings nur noch halb so lang.

Erst Würfel, dann Fernbedienung

Keine Frage, das N64 bietet viele fantastische Spiele. Den Kampf gegen Sonys erstarkende, CD-basierte Playstation und später deren Nachfolger Playstation 2 kann Nintendo dennoch nicht gewinnen. Um nicht den technologischen Anschluss zu verlieren, geht pünktlich zum japanischen Herbstgeschäft 2001 der Gamecube an den Start. Producer-Genie Miyamoto soll mit passender Software Schützenhilfe leisten - und tut dies mit Bravour: Auf Starttitel wie die überaus humorvolle Geisterhatz Luigi's Mansion oder das 4-Spieler optimierte Jetski-Rennspiel Wave Race: Blue Storm folgen Kracher wie der Arena-Brawler Super Smash Bros. Melee und das knuffige Pikmin. Was viele nicht wissen: Letzteres basiert auf Miyamotos Beobachtungen einer Ameisenkolonie und seiner Begeisterung fürs Hobby-Gärtnern.
Quelle: Moby GamesJohn Romero ist ein großer Fan von Shigeru Miyamoto. Zu Ehren seines Idols nannte er den Helden aus Daikatana Hiro Miyamoto. Im Gegensatz zu den Projekten des großen Vorbilds war Romeros Ego-Shooter jedoch leider nur Mittelmaß.
Weitere Gamecube-Publikumslieblings sind das kunterbunte Super Mario Sunshine, der rätsellastige Sci-Fi-Shooter Metroid Prime, das auf Cel-Shading-Optik getrimmte The Legend of Zelda: The Windwaker und das via Breitband-Adapter sogar 16-Spieler-kompatible Mario Kart: Double Dash!!.

All diese und viele andere Projekte, darunter auch diverse Handheld-Hits, koordiniert Miyamoto mit außerordentlichem Geschick, Enthusiasmus und dem steten Bestreben, Spielspaß zu vermitteln. "Wenn ich Videospiele mache, dann möchte ich, dass sich die Leute unterhalten fühlen", so Miyamoto im Gespräch mit The New Yorker Rückblickend betrachtet und trotz so vieler First-Party-Hits steht allerdings auch der Gamecube im Schatten der Konkurrenz. Sony und Microsoft haben bedeutend mehr Third-Party-Hersteller an Bord - und im Falle der Xbox auch und das bessere Online-Konzept. Hinzu kommt: Mit der Xbox 360 und der Playstation steht bereits die nächste Konsolengeneration in den Startlöchern.

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Der Nintendo Podcast #8: Ocarina of Time - Das beste Zelda?0In der neuen Folge Nintendo-Podcast reden Lukas Schmid und Johannes Gehrling ausführlich über das Spiele-Meisterwerk The Legend of Zelda: Ocarina of Time.

Miyamoto erkennt das sich anbahnende Hardware-Wettrüsten sehr schnell und hat ernsthafte Befürchtungen, Nintendo könnte dabei unter die Räder kommen. Zitat aus einem Miyamoto-Interview mit Business Week: "Der Konsens [bei Nintendo, Anm. d. Red.] war, dass Rechenleistung nun mal nicht alles ist. Zu viele leistungsstarke Konsolen können nicht koexistieren. Es ist, als hätte man nur wilde Saurier, die plötzlich zu kämpfen beginnen und so die eigene Auslöschung beschleunigen."

Die Lösung für dieses Problem? Hört auf den Namen Wii, wird Ende 2006 veröffentlicht und punktet mit einer innovativen Bewegungssteuerung, an der Miyamoto federführend mitwirkte. Die auf Körpereinsatz getrimmte Interaktion mit dem Spielgeschehen wird durch Wii Sports eindrucksvoll präsentiert. Ein Spiel, das - Super Mario Bros. fürs NES lässt grüßen - jeder Wii-Konsole beiliegt. Positiver Nebeneffekt: Einher mit der Bewegungssteuerung geht eine bis dato nicht gekannte Zugänglichkeit. Und die wiederum mobilisiert ganz neue Zielgruppen, allen voran Senioren.

Nintendo versteht es, genau diese Kunden auch in den Folgejahren nicht aus den Augen zu verlieren. Bestes Beispiel hierfür ist Wii Fit - ein Spiel, das wie so viele zuvor, durch Miyamotos persönliche Erfahrung mit seiner Umwelt ins Rollen kommt. Konkreter formuliert: Im Alter von knapp über 40 hörte Miyamoto mit dem Rauchen auf und hängte das in Japan äußerst populäre Pachinko-Spielen an den Nagel. Gleichzeitig begann der zweifache Familienvater, sich regelmäßig sportlich zu betätigen und zu wiegen. Er erstellte Gewichtsdiagramme und pinnte diese an die Wand seines Badezimmers. "Als sich die Datenblätter im Badezimmer häuften, entwickelte ich eine seltsame Zuneigung zu ihnen. Und zwar unabhängig davon, ob ich nun abnahm oder nicht", so Miyamoto gegenüber The New Yorker.
Quelle: NintendoDas im November 2013 veröffentlichte The Legend of Zelda: A Link Between Worlds für den 3DS entstand, weil sich Miyamoto ein 3D-Remake von A Link to the Past wünschte.All das führte schließlich dazu, dass seine Frau und Tochter begannen, sich köstlich zu amüsieren. Miyamoto wiederum schätze die so entstehenden Gespräche und dachte sich: "Was wäre, wenn ich daraus ein Spiel mache? Vielleicht hilft es isolierten Vätern, wieder eine engere Verbindung zu ihren Töchtern aufzubauen." Was dann geschah, steht in den Geschichtsbüchern: Wii Fit erscheint Ende 2007 in Japan und verkauft sich über die Jahre hinweg weltweit mehr als 22,6 Millionen Mal.

Doch auch auf diesen Lorbeeren ruht sich der Japaner nicht aus. Mit The Legend of Zelda: Twilight Princess und The Legend of Zelda: Skyward Sword erscheinen noch zwei weitere Wii-Kracher, die die Möglichkeiten der Bewegungsteuerung voll ausschöpfen. Im Falle von Skyward Sword dank eines cleveren Zubehörteils namens Wii Motion Plus. Etwas konventioneller, aber nicht minder erfolgreich sind Super Mario Galaxy, New Super Mario Bros. Wii und Super Mario Galaxy 2 - Miyamotos krönender Abschluss einer Konsolengeneration, in der Nintendo erstmals wieder klar die Nase vorn hat.

Der Ruhestand kann warten

Miyamoto liebt es, neue Spiele auf den Weg zu bringen. Im Sommer 2015 jedoch wird diese Leidenschaft jäh unterbrochen. Sein geschätzter Kollege und Weggefährte Satoru Iwata, seit 2002 Präsident von Nintendo und seit 2013 CEO von Nintendo of America, stirbt an den Folgen eines Gallengangskarzinoms. Miyamoto springt - zusammen mit Genyo Takeda - als Nintendo-Geschäftsführer ein. Knapp zwei Monate hat er diesen Posten inne, bis er am 16. September 2015 zum "Creative Fellow" ernannt wird und sich wieder ans Koordinieren und Überwachen von Nintendos hauseigenen Entwicklerteams macht.

Auch hier gilt: Ob Pikmin 3 oder Super Mario 3D World, ob Donkey King Country: Tropical Freeze, Mario Kart 8, Captain Toad: Treasure Tracker oder Splatoon - seine Hit-Strähne reißt einfach nicht ab und setzt sich ab 2017 auch auf der Nintendo Switch fort. Und Miyamotos Software-Bilanz heute? Beläuft sich - wenn wir uns bei der Masse an Titeln nicht verzählt haben - auf sagenhafte 102 Spiele, die Nintendo im Laufe der Jahre fette Milliardengewinne bescherten. Miyamoto hingegen machen sie zum mit Abstand einflussreichsten Spieledesigner unserer Zeit.

Wie denkt ihr über Shigeru Miyamoto? Welches der zahlreichen Spiele, an denen er beteiligt war, gefällt euch am besten? Worüber würdet ihr mit ihm plaudern, wenn er plötzlich neben euch in einem Café sitzen würde? Und welches Projekt sollte er unbedingt noch in Angriff nehmen? Schreibt es uns in die Kommentare!

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